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\chapter{Einleitung}
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Die \acl{PPDK} (PPDK, EC 2.7.9.1) gehört zur Enzymklasse der Phosphotransferasen (Kinasen) und katalysiert die frei reversible Reaktion:
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\begin{equation*}
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\ce{\text{Pyruvat} + \text{ATP} + \text{Pi} <=> \text{PEP} + \text{AMP} + \text{PPi}}
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\end{equation*}
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Erstmals beschrieben wurde die \acs{PPDK} von \citet{Slack1968,Reeves1968} in tropischen Gräsern und der parasitären Amöbe
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\textit{Entamoeba histolytica} \citep{Chastain2011}. Strukturdaten der \acs{PPDK} sind verfügbar aus \textit{Clostridium symbiosum} \citep{Herzberg1996}, \textit{Zea mays} \citep{Nakanishi2005} und \textit{Trypanosomas brucei} \citep{Cosenza2002}.
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\section{Strukturelle Funktionalität der \acs{PPDK}}
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Die \acs{PPDK} kann in drei Domänen unterteilt werden:
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\begin{enumerate}
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\item \acs{PEP}/Pyruvat-Bindedomäne
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\item Nukleotid-Bindedomäne
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\item Zentrale Phosphohistidin-Domäne
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\end{enumerate}
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\begin{figure}[H]
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\includegraphics[height=0.7\textheight,keepaspectratio=true]{./img/einleitung/ppdk_1vbh.png}
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% ppdk_1vbh.png: 2480x4004 pixel, 300dpi, 21.00x33.90 cm, bb=0 0 595 961
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\caption[Struktur der \acs{PPDK} aus \textit{Zea mays}]{Struktur der \acs{PPDK} aus \textit{Zea mays} (PDB: 1VBH). Farblich abgesetzt sind die Nukleotid-Bindedomäne (grün), \acs{PEP}/Pyruvat-Bindedomäne (blau) mit dem Substra \acs{PEP} und einem \ce{Mg2+}-Ion, die Phosphohistidin-Domäne (gelb), sowie die Linker-Peptide(rot). Der katalytische Rest His458 ist durch einen Pfeil hervorgehoben. Die Überlagerung (grau) zeigt die \acs{PPDK} aus \acs{C. symbiosum} (PDB: 1KBL). Das katalytische His455 ist ebenfalls durch einen Pfeil markiert. Es zeigt sich die Torsionsbewegung der zentralen Phosphohistidindomäne.}
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\label{abb:swivel_domain}
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\end{figure}
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Verknüpft sind die genannten Domänen über flexible Linker-Peptide. Der Abstand zwischen der Nukleotid-Bindedomäne und der \acs{PEP}/Pyruvat-Bindedomäne beträgt etwa \SI{50}{\angstrom}, so dass eine direkte Interaktion der Substrate mit dem katalytisch
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aktiven Histidinrest in der zentralen Phosphohistidin-Domäne nicht möglich ist. Daher wurde ein so genannter \textit{Domain-Swiveling}-Mechanismus vorgeschlagen, der eine Torsionsbewegung der Phosphohistidin-Domäne postuliert, wodurch die Übertragung der Phosphatgruppen ermöglicht wird \citep{Herzberg1996,Nakanishi2005}. Das Ausmaß dieser Domänenbewegung ist bei Überlagerung der \acs{PEP}-gebundenen Struktur aus \textit{Zea mays} und der ungebundenen Struktur aus \acs{C. symbiosum} (Abbildung \ref{abb:swivel_domain}).
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\section{Funktion in $\text{C}_\text{4}$-Pflanzen}
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Am besten untersucht ist die Funktion der \acs{PPDK} in \ce{C_4}"=Pflanzen. In \ce{C_3}-Pflanzen limitiert die Oxygenase-Aktivität der \ac{RuBisCO} die Effizienz
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der Photosynthese bei warmen Umgebungstemperaturen oder bei Wasserstress. Bei den genannten Bedingungen werden die Spaltöffnungen der Blätter geschlossen um
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den Wasserverlust durch Verdunstung zu minimieren. Durch das Schließen der Spaltöffnungen wird aber auch die Diffusion von \ce{CO2} in das Blatt vermindert. Die resultierende Absenkung der \ce{CO2}-Konzentration in den photosynthetisch aktiven Zellen führt zu einer Begünstigung der zur \ce{CO2}-Fixierung konkurrierenden Oxygenaseaktivität der \ac{RuBisCO} \citep{Sharkey1989,Cornic2000,Lawlor2002}. Durch die Fixierung von \ce{O2} statt \ce{CO2} wird entsteht als Zwischenprodukt 2-Phosphoglycolat, welches nicht im Calvin-Zyklus verstoffwechselt werden kann und unter zusätzlichem Energieverbrauch über die Photorespiration in 3-Phosphoglycerat umgesetzt wird.
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Die \ce{C_4}"=Kohlenstofffixierung umgeht dieses Problem durch eine räumliche Trennung von \ce{CO2}-Fixierung und Calvin-Zyklus. Hierdurch kann \ce{CO2} konzentriert werden, was der \acs{RuBisCO} eine \ce{CO2} reiche Umgebung zur Verfügung stellt. Hierdurch wird die Oxygenaseaktivität stark reduziert.
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Die \acs{PPDK} ist hierbei im Stroma der Chloroplasten der Mesophyllzellen lokalisiert und katalysiert dort die Regeneration des primären \ce{CO2}-Akzeptors \ac{PEP} \citep{Hatch2002}.
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\begin{figure}[H]
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\includegraphics[width=\textwidth,keepaspectratio=true]{./img/einleitung/C4_photosynthesis_NADP-ME_type.eps}
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% C4_photosynthesis_NADP-ME_type.eps: 0x0 pixel, 300dpi, 0.00x0.00 cm, bb=0 -1 713 233
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\caption[\ce{C_4}"-Kohlenstofffixierung]{\ce{C_4}"-Kohlenstofffixierung nach dem NADP-\acs{ME} Mechanismus. Dargestellt sind eine Mesophyllzelle (links) und eine Bündelscheidezelle (rechts), sowie die Chloroplasten (grün). \ce{CO2} wird auf \ac{PEP} übertragen, welches in Malat umgewandelt und in die Bündelscheidezelle transportiert wird. Dort wird \ce{CO2} abgespalten und das entstandene Pyruvat zurück in die Chloroplasten der Mesophyllzelle transportiert, wo \ac{PEP} durch die \acs{PPDK} aus Pyruvat regeneriert wird. \citep{Raghavendra2011}}
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\label{abb:c4_cycle}
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\end{figure}
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Es existieren unterschiedliche Varianten der \ce{C_4}"=Kohlenstofffixierung, welche sich in drei Punkten voneinander unterscheiden \citep{Raghavendra2011}:
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\begin{enumerate}
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\item Dem \ce{C_4}-Körper, der aus den Mesophyllzellen exportiert wird (Malat oder Aspartat)
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\item Dem \ce{C_3}-Körper, der aus den Bündelscheidezellen zurück in die Mesophyllzellen transportiert wird (Pyruvat oder Alanin)
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\item Dem zur Decarboxylierung in den Bündelscheidezellen verwendetem Enzym (NADP- bzw. NAD-abhängiges Malatenzym oder \ac{PEP}-Carboxykinase)
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\end{enumerate}
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Abbildung \ref{abb:c4_cycle} illustriert die \ce{C_4}"=Kohlenstofffixierung mit Malat als \ce{C_4}-Körper, Pyruvat als \ce{C_3}-Körper und einem NADP-abhängigen Malatenzym, wie sie beispielsweise von Mais oder Zuckerrohr bekannt ist. Allen Varianten gemein ist die zentrale Rolle der \acs{PPDK} bei der Regeneration des primären \ce{CO2}-Akzeptors \ac{PEP}.
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\includegraphics[width=0.7\textwidth,keepaspectratio=true]{./img/einleitung/aktivierung.png}
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\caption[Lichtabhängige Aktivierung der PPDK]{Lichtabhängige Aktivierung der PPDK durch reversible Phosphorylierung eines Threoninrestes \citep{Chastain2011}.}
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\label{abb:aktivierung_ppdk}
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\end{figure}
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Die Regulation der \acs{PPDK} erfolgt lichtabhängig durch das \ac{PDRP} über die Phosphorylierung eines Threonin-Restes (vgl. Abbildung \ref{abb:aktivierung_ppdk}) im aktiven Zentrum \citep{Burnell1985,Burnell2006,Chastain2011}.
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\section{Funktion in $\text{C}_\text{3}$-Pflanzen}
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Über die Funktion der \acs{PPDK} in \ce{C_3}-Pflanzen liegen weitaus weniger gesicherte Erkenntnisse vor. Die \acs{PPDK} kann ubiquitär in Geweben aus \ce{C_3}-Pflanzen nachgewiesen werden, liegt dort aber meist nur in sehr geringen Konzentrationen vor \citep{Chastain2003}. Dies erschwert die biochemische Charakterisierung von \acs{PPDK}s aus \ce{C_3}-Pflanzen \textit{in vivo}, da die Umsetzung der Substrate, sowie die Produktbildung nicht zuverlässig verfolgt werden können. Zudem wird der Substratumsatz durch konkurrierende Reaktionen der Pyruvat-Kinase und \acs{PEP}-Carboxykinase maskiert \citep{Chastain2011}. \textit{Knock-out} Linien von \textit{Arabidopsis thaliana} zeigen keinen veränderten Phänotyp, so dass auch hierüber eine Aussage über die Funktion der \acs{PPDK} in \ce{C_3}-Pflanzen nicht möglich ist \citep{Chastain2011}.
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Untersuchungen an Mais-Samen, in denen die \acs{PPDK} in hohem Maße im Cytoplasma des Endosperms exprimiert wird legen allerdings eine Funktion als ergänzendes Enzym der Glykolyse nahe \citep{Kang2005,Hennen-Bierwagen2009}. Es wurde postuliert, dass die \acs{PPDK} durch die von ihr katalysierte, frei reversible Reaktion den Kohlenstofffluss zwischen verschiedenen Biosynthesewegen
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ausgleicht \citep{Hennen-Bierwagen2009} und \acs{ATP} in hypoxischen Bereichen des Endosperms zur Verfügung stellt \citep{Chastain2006}.
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\section{Funktion in nicht-pflanzlichen Organismen}
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Die \acs{PPDK} wurde in einigen Archäen, Protozoen und Baterien gefunden, welche in sauerstoffarmen Habitaten leben. Die \acs{PPDK} hat in diesen Organismen die Rolle eines primären oder sekundären Enzyms der Glykolyse. Die freie Reversibilität der katalysierten
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Reaktion erlaubt sowohl die Synthese von \acs{ATP}, als auch die Bildung von \ac{PEP} im Rahmen der Gluconeogenese \citep{Chastain2011}.
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\begin{figure}[H]
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\includegraphics[width=0.6\textwidth,keepaspectratio=true]{./img/einleitung/ppdk_glycolysis.eps}
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% ppdk_glycolysis.eps: 0x0 pixel, 300dpi, 0.00x0.00 cm, bb=0 -1 536 475
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\caption[Einfluss der \acs{PPDK} auf die glykolytische ATP-Ausbeute]{Einfluss der \acs{PPDK} auf die glykolytische ATP-Ausbeute. Durch das Zusammenspiel zwischen \ac{AK} und \ac{PPDK} können im Vergleich zur konventionellen Glykolyse drei zusätzliche Moleküle \acs{ATP} je Glukosemolekül gewonnen werden.}
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\label{abb:glykolyse}
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\end{figure}
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Durch synergetische Effekte zwischen \acl{AK} und \ac{PPDK} kann die \acs{ATP}-Ausbeute von drei Molekülen \acs{ATP} je Molekül Glukose auf fünf Moleküle \acs{ATP} erhöht werden (Abbildung \ref{abb:glykolyse}). Hierbei kann die Bindungsenergie von Pyrophosphat durch die \acs{PPDK} zum Aufbau von \acs{ATP} aus \acs{AMP} genutzt werden \citep{Huang2008}. Die Reaktion läuft dabei in die Pyruvat-formende Richtung ab.
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\section{Kälteinaktivierung}
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Eine besondere Eigenschaft der \acs{PPDK} ist die Kälteinaktivierung. Die funktionelle Form ist ein Tetramer, welches bei Temperaturen unterhalb von \SI{10}{\celsius} in inaktive Di- und Monomere zerfällt \citep{Slack1968,Shirahashi1978,Burnell1990}.
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Bei der experimentellen Arbeit mit der \acs{PPDK} ergibt sich hieraus die Problematik, dass alle Arbeitsschritte bei Raumtemperatur
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durchgeführt werden müssen, was aber die Anfälligkeit für die Degradierung durch im Zelllysat enthaltene Proteasen erhöht. Durch Erwärmen auf \SI{30}{\celsius} ist allerdings eine weitgehende Reaktivierung zu erreichen \citep{Burnell1985}.
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Die Kältesensitivität ist zwischen verschiedenen Spezies unterschiedlich stark ausgeprägt. Innerhalb der Gattung \textit{Flaveria} weist die \acs{PPDK} aus \acs{F. trinervia} die höchste Sensitivität auf (vgl. Abbildung \ref{abb:cold_lability}): Nach einer \SI{30}{\minute} Inkubation bei \SI{0}{\celsius} konnte eine Restaktivität von lediglich \SI{10}{\percent} beobachtet werden. Die \acs{PPDK} aus \acs{F. brownii} wies nach der Kältebehandlung eine Restaktivität von \SI{80}{\percent} auf \citep{Burnell1990}.
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\begin{figure}[H]
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\includegraphics[width=0.6\textwidth,keepaspectratio=true]{./img/einleitung/cold_lability.png}
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% cold_lability.png: 470x467 pixel, 96dpi, 12.43x12.35 cm, bb=0 0 352 350
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\caption[Kälteinaktivierung der \acs{PPDK}]{Kälteinaktivierung der \acs{PPDK}. Aufgetragen ist die Restaktivität in Abhängigkeit von der Inkubationsdauer bei \SI{0}{\celsius}. Die Restaktivität der \acs{PPDK} aus \acs{F. trinervia} beträgt nach \SI{30}{\minute} lediglich \SI{10}{\percent} \citep{Burnell1990}.}
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\label{abb:cold_lability}
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\end{figure}
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Durch Sequenzanalysen konnten gezeigt werden, dass nur wenige Aminosäurereste die Kältesensitivität stark beeinflussen \citep{Ohta1997}. Darüberhinaus kann durch Zusatz von Glycerin und reduzierenden Agenzien wie \acs{DTT} die Aktivität zu einem Großteil erhalten bleiben \citep{Shirahashi1978}.
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\section{Zielsetzung}
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Die \acs{PPDK} aus \textit{Zea mays} wurde bereits heterolog in \acs{E. coli} exprimiert \citep{Chastain1996,Nakanishi2003} und gereinigt. Ebenfalls etabliert ist ein photometrischer Aktivitätsassay über die \acs{PEP}-Carboxylase und die Malatdehydrogenase \citep{Jenkins1985,Salahas1990}.
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Auf diesen Ergebnissen aufbauend war es Ziel dieser Arbeit, ein Expressions- und Reinigungsprotokoll für die \acs{PPDK} aus \acs{F. trinervia} zu etablieren, sowie nachzuweisen, dass das gereinigte Enzym funktionell gefalten ist. Darüber hinaus sollten Homologiemodelle erstellt werden, um im Vorfeld zukünftiger Experimente die Identifikation funktionell und strukturell bedeutender Reste zu ermöglichen.
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